Sprechen über: Digital Thinking
Die Digitalen Originale sprechen über Digital Thinking
Ausgehend von der These, dass die Digitalisierungsvorhaben in Unternehmen und bei der „öffentlichen Hand“ sehr häufig schon direkt beim Einstieg an mangelndem Wissen und einer zu hohen, zugrunde gelegten Komplexität scheitern, überlegen Olli und Ralf in dieser Ausgabe, ob sich die Prinzipien des Design Thinking nicht auch auf die Digitalisierung von Prozessen übertragen lassen. Dabei schauen sie zu Beginn auf die im Zusammenhang mit der Pandemie in relativ kurzer Zeit entwickelten App-Lösungen sowie die aktuell viel diskutierte Warnapp Nina und ziehen eine kurze Bilanz. Hier verfestigt sich der Eindruck, dass man – wenn die Not nur groß genug ist – tatsächlich auch in die Umsetzung gelangt und „etwas gebacken bekommt“, während man sich bei allem anderen einfach nur das Hirn zermartert und ohne Ergebnis bleibt. Der eher pragmatische Ansatz, einfach einmal loszulegen und sich auszuprobieren, ggf. zu korrigieren und anzupassen, ist hier eher selten anzutreffen.
Mit Blick auf die jüngste Hochwasser-Katastrophe in NRW, Rheinland-Pfalz und Bayern gerät die Warnapp NINA in den Blick, an deren Funktionalität öffentlich ja auch sehr viel Kritik entbrannt ist. Olli und Ralf verdeutlichen aber auch, wie wertvoll solche Apps heute eigentlich sein können und belegen das zusätzlich mit einem eigenen Projekt aus der Vergangenheit, als sie – gemeinsam mit einem großen Energieversorger – die App „stromausfall“ ins Leben gerufen haben. Die Beiden sind sich darüber einig, dass es unendlich viele Themen gibt, die sich schnell und einfach lösen ließen, faktisch aber gar nicht angegangen werden.
Über diese Beispiele geht es anschließend ins Grundsätzliche. Ralf unterstellt, dass viele Unternehmen bereits deutlich zu komplex bzw. kompliziert an das Thema Digitalisierung gehen und das Vorhaben allzu schnell an technische Überlegungen und Lösungen heften. Nach dem Modell des Design-Thinking ginge es aber doch zunächst viel grundlegender bei der Definition des Problems, dem kreativen Entwickeln möglicher Ideen mit anschließender, konzeptioneller Lösungsfindung los, bevor man sich der konkreten technischen Lösung im Sinne einer Prototypen- oder MVP-Entwicklung widmet. Oliver führt aus, dass dieses Modell in der Praxis nicht zuletzt auch durch die Struktur der unterschiedlichen Dienstleister, die ein Unternehmen zur Unterstützung heranzieht, zum Scheitern verurteilt sei. Ein klassisches IT-Unternehmen steige gar nicht in einer so frühen Phase in das Projekt ein, um einen Ansatz wie Design-Thinking verfolgen zu können, während eine Agentur klassisch auf die „schönen Bilder“ und die Gestaltung beschränkt würde. Außerdem seien sie innerhalb der Unternehmen eher dem Marketing zugeordnet und säßen damit nicht unbedingt dort, wo die zentralen strategischen Entscheidungen getroffen werden. Dort fände man dann vielmehr die klassischen Berater, denen es in vielen Fällen wiederum an der praktischen Expertise fehle. Vor diesem Hintergrund seien dann auch die Bemühungen der einzelnen Gewerke zu verstehen, das fehlende Wissen entsprechend aufzubauen. Dieser Prozess sei allerdings noch im Gange.
Ein Beispiel für die gelungene Umsetzung eines digitalen Prozesses mit hohem Mehrwert liefert das Projekt SNAP der Mitnetz Strom. Hierbei handelt es sich um einen Netzbetreiber, der aus dem Ansatz einer Informationsübersicht über Strom-Einspeisungspunkte eine Anwendung geschaffen hat, mit dem sich der gesamte Antragsprozess zeitlich radikal verkürzen lässt und damit einen echten Mehrgewinn darstellt.
Bei der Digitalisierung fehlt es nach Olli und Ralf noch immer an der nötigen Aufbruchstellung und dem Mut, einfach einmal loszulegen. Hier möchten sie Unternehmen motivieren, sich mit ihren Prozessen und Abläufen kritisch auseinander zu setzen und auf mögliche Potenziale abzuklopfen. Gerne auch mit Unterstützung der Dienstleister ihres Vertrauens, die zumeist den notwendigen Blick von Außen in die Vorhaben tragen, was den Prozess der Lösungsfindung oft deutlich verbessert.
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